Analoge Infrarotfotografie

Schon ein ganzes Weilchen fotografiere ich gerne wieder analog. Dazu verwende ich meist das 6x7 Format oder neuerdings auch 4x5" Inch Großformat und fotografiere entweder mit sichtbarem, oder infrarotem Licht. Das infrarote Licht ist nicht sichtbar, weil es eben sozusagen roter als die Farbe Rot ist, denn die Wellenlänge des nahen Infrarotlichts ist etwas länger als diejenige von rotem Licht. Die Rede ist hier von nahem Infrarot, das nicht zu verwechseln ist mit Wärmestrahlung, die im ferneren Infrarotbereich liegt. Solche Wärmestrahlung kann nur mit speziellen Thermografiekameras erfasst werden. Im Bereich des nahen Infrarots operieren beispielsweise Fernbedienungen. Deshalb kann man relativ leicht testen, ob eine Digitalkamera für Infrarotfotografie verwendbar ist, in dem man eine Fernbedienung darauf richtet und bei gedrückter Fernbedienung aufs Display der Kamera schaut. Aber wie in der Überschrift schon angedroht, soll es in diesem Artikel um die analoge Fotografie gehen. Ganz ungeduldige können übrigens hier einen Blick auf eine Galerie von analogen Infrarotbildern werfen. Wer wissen möchte, wie man solche Bilder selber machen kann, der möge bitte weiterlesen.

Analoge Fotografie bedeutet mit Silber und auf Film. Zunächst benötigt man also geeignetes analoges Filmmaterial. Leider gibt es meines Wissens nach kein farbiges infrarotes Filmmaterial mehr zu kaufen, denn der Kodak Falschfarben-Diafilm ist nicht mehr erhältlich und ein Nachfolger nicht in Sicht. Schwarzweiss sieht es zum Glück etwas besser aus, wenn auch hier der ehemalige Champion, der Kodak High Speed Infrared leider dem Falschfarben-Diafilm in die ewigen Jagdgründe gefolgt ist. Neu gibt es momentan (4/2011) den Efke 820 IR (auch in der Aura Variante), den Rollei 400 IR und den Ilford SFX (Special Effects) 200.

Der Efke 820 IR ist hierbei der einzige "echte" Infrarotfilm, denn seine Sensibilisierung reicht ein gutes Stück weit in das Infrarotterritorium. Sowohl der Ilford SFX als auch der Rollei 400 IR können so weit nicht folgen. Dies hat Auswirkungen auf die Filter, die zur Aufnahme von IR Bildern verwendet werden können und die meist mit Angabe der Grenzwellenlänge im Handel angeboten werden. Filter mit 715nm Grenzwellenlänge eignen sich für alle drei Filmtypen. Dagegen führen Filter von 760 oder 780nm nur beim Efke 820 IR bei "handhabbaren" Belichtungszeiten zu einer Schwärzung des Films. Der Infraroteffekt auf den Bildern wird natürlich immer stärker, je weiter die Sensibilisierung des Films in den Infrarotbereich hineinreicht und je "strenger" der Filter ist - sprich je tiefer die Grenzwellenlänge im IR Bereich liegt. Gleichzeitig steigt natürlich auch die erforderliche Belichtungszeit, weil strengere Filter immer mehr potenziell für die Aufnahme nutzbares Licht ausgrenzt (denn analoger IR Film ist auch für sichtbares Licht sensibilisiert). Nimmt man IR Filter in die Hand und versucht, durchzuschauen, so erscheinen 715nm Filter meist tief dunkelrot, aber nicht völlig undurchsichtig. 780nm Filter sind dagegen meiner Erfahrung nach rabenschwarz.

Das bedeutet natürlich, dass man zum Fokussieren bei Spiegelreflexkameras ein Stativ benötigt. Also erst fokussieren, dann den Filter aufschrauben und dann Fotografieren. Aber halt, hier gibt es noch etwas zu beachten: IR Licht wird an Linsen leicht anders, nämlich weniger stark, gebrochen als sichtbares Licht. Deshalb ist es notwendig, die korrekte Fokussierung für sichtbares Licht in jene für IR Licht zu überführen. Manchmal haben Objektive hier eine rote Markierung für die entsprechende Fokusposition. Dies ist aber eher ein Anhaltspunkt als eine definitiv korrekte Einstellung, weil die Position vom verwendeten IR Filter und Film abhängt. Natürlich gibt es auch den "leichten Weg" des Abblendens, um eventuelle Fokusdifferenzen "glattzubügeln". Ich fotografiere IR meist mit Blende 11 oder 16 und kümmere mich dabei nicht um Fokusanpassung. Möglicherweise könnte ich noch ein wenig mehr Schärfe erreichen, wenn ich das täte, aber ich bin mit meinen Ergebnissen ohne Korrektur auch zufrieden. Wer es trotzdem versuchen möchte, der kann im Bereich zwischen 1/200stel bis 1/300stel der Brennweite des Objektivs auf den Objektivauszug zugeben - also beispielsweise einen Millimeter bei einem 300mm Objektiv.

Bevor ich zu speziellen Eigenschaften von Infrarotaufnahmen und zur Belichtungseinstellung zu sprechen komme, möchte ich hier noch ein Beispiel einer s/w Infrarotaufnahme zeigen:

Infrarotaufnahme mit 780nm Filter (Schloss Favorite in Rastatt)

Gesehen im sichtbaren Licht sah die Szene übrigens so aus:

Die gleiche Szene im sichtbaren Spektralbereich (Schloss Favorite in Rastatt)

Leicht erkennbar ist, dass auf der IR Aufnahme grüne Flächen weiß wiedergegeben werden. Dies ist auf den sogenannten "Wood Effekt" zurückzuführen. Dabei bezieht sich "Wood" nicht auf das englische Wort für Holz, sondern auf seinen Entdecker, Robert Wood (1919). Pflanzen reflektieren den infraroten Spektralbereich, weil sie diese Wellenlänge für die Fotosynthese nicht verwenden können und unnötige Wärmeentwicklung an den Blättern vermeiden möchten.

Neben diesem Effekt fallen monochrome IR Bilder meist auch durch einen tiefschwarzen Himmel mit weißen Wolken auf. Dies ist auf dem oben abgebildeten Beispiel nicht sichtbar, weil die Aufnahme im Gegenlicht aufgenommen wurde und der Himmel leicht bewölkt war. Die unten folgende Aufnahme zeigt den schwarzen Himmel sehr deutlich:

Beispiel einer IR Aufnahme mit schwarzem Himmel (Rastatt Schloss Favorite)

Der schwarze Himmel ist übrigens auch dafür verantwortlich, dass im infraroten Licht Schatten oft tiefschwarz erscheinen, denn bei genauer Überlegung wird klar, dass Schattenbereiche im Bild natürlich nicht von der Sonne, sondern vom Himmel(!) beleuchtet werden, und der ist im IR Bereich nun einmal schwarz. Natürlich ist das Schwarz nicht perfekt, denn die Schattenbereiche werden zusätzlich natürlich auch vom diffus reflektiertem Licht erleuchtet.

Wie ermittelt man nun die korrekte Belichtung für analoge IR Aufnahmen? Im Gegensatz zu digitalen Aufnahmen, kann man ja leider nicht sofort prüfen, ob das Bild gut geworden ist. Hier hilft leider nur Erfahrung, Erfahrung und abermals Erfahrung. Wenn ich einen neuen IR Filter oder Film ausprobiere, dann stelle ich die Kamera meist bei prallem Sonnenschein (denn hier wirken IR Bilder meiner Meinung nach am besten) auf ein Stativ und fotografiere sturheil eine Belichtungsreihe bei Blende 11 oder 16 beginnend mit 4s (der längsten einstellbaren Belichtung meiner Mamiya 7II) und fahre dann mit Halbierung der Belichtungszeit mit jedem Bild fort. Dabei komme ich meist bis zu einer 60stel Sekunde. Bislang war immer eine korrekte Belichtung dabei, die ich später wieder verwenden konnte. Das erste Bild des Films ist bei mir übrigens bei mir immer eine Aufnahme nach Herstellerangaben bei sichtbarem Licht, um später prüfen zu können, ob die Verarbeitung des Films korrekt war.

Ohne jede Gewähr auf Korrektheit verwende ich meist folgende Werte:

1) Efke 820 IR mit Heliopan 780nm Filter, prallem Sonnenschein und Blende 11: 1s bis 4s. Hierbei verwende ich 1s bei Mittagssonne, 2s am Vor- und Nachmittag und 4s bei leicht bedecktem Himmel. Den Film entwickle ich selbst in 13:00 Minuten mit Kodak XTOL in Verdünnung 1+1 bei 30 Sekunden Kipprythmus nach einer Minute ständiger Bewegung.

2) Rollei 400 IR mit Heliopan 715nm Filter, prallem Sonnenschein und Blende 11: 1/4s bis 1/2s und 9:00 Minuten Entwicklung wie oben beschrieben.

Viele Fotografen verwenden auch Belichtungsmessung für IR Aufnahmen, was aber nicht so einfach ist, denn Belichtungsmesser sind nicht für Messungen im IR Bereich ausgelegt und der IR Anteil am Tageslicht schwankt über den Tag. Wer es versuchen möchte, sollte mit Empfindlichkeiten zwischen 2 und 6 ISO rechnen - also leider nicht so wirklich schnappschusstauglich.

Der IR Effekt des Rollei 400 IR und des Ilford SFX ist wie gesagt nicht so stark wie die des Efke 820 IR. Daher wird bei meinen Aufnahmen meist zwar ein schwarzer Himmel erzielt, aber die Pflanzen meist nicht ganz weiß auf den Bilder. Unten ein Beispiel (aufgenommen in Ettlingen):

Aufnahme mit Rollei 400 IR (Ettlingen)

Dies klingt danach, als ob der Efke 820 IR die ultimative Wahl für die IR Fotografie wäre. Dies ist leider nicht so, weil der Film einige andere Einschränkungen hat: Er darf nur in Dunkelheit in die Kamera eingelegt werden. Mich stört dies sehr, denn dadurch kann ich unterwegs keine neuen IR Film in meine leichte Mamiya 7II einlegen. Den Ilford SFX und den Rollei 400 IR kann man jedoch meiner Erfahrung nach auch unterwegs relativ leicht wechseln, wenn man sich ein halbwegs dunkles Plätzchen im tiefen Schatten sucht. Ich habe ferner auch leider die Erfahrung gemacht, dass die Emulsion des Efke 820 IR qualitativ leider nicht ganz mit z.B. denen von Kodak oder Ilford mithalten kann, denn oft sehe ich in den Scans meiner Bilder Kratzer und weiße und schwarze "Löcher" im Bild, die ich dann mühsam entferne. Anbei ein Beispiel aus einem auf 100% gezoomten unbearbeiteten 3200 DPI Scan eines Efke 820 IR:

Emulsion des Efke 820 IR (100% eines 3200 DPI Scan)

Solche schwarzen Löcher und kleine weiße Flecken zu korrigieren (wenn man das denn möchte), kann meiner Erfahrung nach durchaus einige Arbeit in Photoshop verursachen. Hierbei gibt es aber auch einen Pluspunkt, denn der "Look" des Efke 820 IR ist sehr speziell und kann bei geeigneter Entwicklung in z.B. Kodak XTOL auch einen sehr schönes cremiges Bild ermöglichen. Der Efke 820 IR Aura erzielt einen noch spezielleren Effekt durch Verzicht auf Gegenmaßnahmen gegen Überstrahlung.

Noch ein Tipp: Sowohl der Ilford SFX als auch der Rollei 400 IR eignen sich, um schönere, hellere Gründarstellungen in s/w Aufnahmen zu ermöglichen, wenn man den Film nicht durch einen IR-, sondern durch einen Gelb- oder Orangefilter belichtet. Hierbei hilft der ebenfalls vorhandene IR Anteil ganz leicht beim Aufhellen der Grüntöne.

Wer Bezusgquellen für diese Filmmaterialien sucht, der kann auf meiner Links-Seite bestimmt fündig werden. Bei Fragen, Lob, Anregungen und Kritik wie immer gerne E-Mail an mich.

Viel Spaß beim Fotografieren mit unsichtbarem Licht!

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